23. März 2018

Bedingungsloses Grundeinkommen in Finnland – Warum dieses Erfolgsbeispiel hinkt

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„In Finnland ist das bedingungslose Grundeinkommen ein Erfolg“

So lautet eine Schlagzeile, die bei der Berliner Morgenpost und auch der WAZ zu finden ist.

Es ist ein und der selbe Artikel.

 

Finnland wird immer mal wieder gerne als „Argument“ genannt, um zu belegen, daß das bedingungslose Grundeinkommen funktioniert.

Doch in jenem Artikel ist von 2.000 Menschen die Rede.

Von einigen wenigen arbeitslosen Menschen Finnlands, die nach einer Auslosung mit 560 Euro ein monatliches Test-Grundeinkommen bis Ende 2018 erhalten.

 

Man wollte testen, ob die Grundeinkommensempfänger faul werden.

Mag sein, daß die Darstellung im Artikel auch auf die Mehrheit anderer finnländischer Grundeinkommensempfänger übertragbar ist.

Doch ist – selbst wenn alle 2.000 Grundeinkommensempfänger wieder aktiver wurden – das bedingungslose Grundeinkommen in Finnland deshalb ein Erfolg, den wir sogar auf Deutschland übertragen können?

Die Schlagzeile suggeriert es jedenfalls…

 

Bedingungsloses Grundeinkommen in Finnland – Was bedeutet „Erfolg“?

In Finnland leben knapp 5,5 Millionen Menschen und davon werden 2.000 Menschen mit einem Grundeinkommen ausgestattet.

Das ist also jeder 2.750ste Finne oder etwa 0,04 Prozent der dortigen Bevölkerung, die in den Genuß eines bedingungslosen Grundeinkommens kommen.

 

Es mag nun als Erfolg gewertet werden, daß 2.000 Finnen mit dem Grundeinkommen nicht fauler sondern fleißiger wurden.

Es mag auch als Erfolg gewertet werden, daß knapp 5,5 Millionen Menschen ein bedingungsloses Grundeinkommen für 2.000 Menschen finanzieren konnten.

 

Doch kann man wirklich von einem „Erfolg“ sprechen, wenn 5,5 Millionen Finnen eigentlich das Grundeinkommen für 5,5 Millionen Finnen zu finanzieren hätten?

Also ein Finanzierungsverhältnis von 1 zu 1 statt 2.750 zu 1.

 

Kann man wirklich von einem Erfolg des Grundeinkommen-Projektes sprechen, wenn in dem Artikel indirekt gesagt wird, daß der Staat über Kürzungen – und dazu zählen im übertragenen Sinne auch Steuerabgaben – die Menschen eher demotiviert als auf Wolke 7 schweben läßt?

In Deutschland liegen die jährlichen direkten und indirekten Steuerabgaben etwa zwischen 70 und 80 Prozent.

D.h., daß jeder, der seine Einkünfte systemhörig dem deutschen Fiskus zeigt und sich keinen cleveren Steuerfachmann organisieren oder leisten kann, bis etwa Oktober eines jeden Jahres für „die Staatskasse“ arbeitet und die letzten 3 Monate für sich selbst.

(Vgl. u.a. Hamsterrad verlassen – Was verschwiegen und ignoriert wird!)

 

Ist doch logisch, daß unter solchen Umständen viele Menschen träge werden.

Die einzige Aktivität, die unter solchen Umständen bei einigen Menschen gefördert wird, ist die Tatsache, daß vermehrt nach Möglichkeiten gesucht wird, wie man Geldverdienste vor dem Fiskus verbirgt.

Warum also muß hier das Kind einen neuen Namen bekommen, so daß es dann als „Grundeinkommens-Erfolg“ betitelt wird?

 

Außerdem ist das BGE-Testprojekt in Finnland bis Ende diesen Jahres noch nicht abgeschlossen, so daß erst dann, wenn der Test tatsächlich beendet wurde, von  „Erfolg“ – was auch immer dann als „Erfolg“ gewertet und bezeichnet wird – gesprochen werden kann.

Zum jetzigen Zeitpunkt kann lediglich von einer Tendenz(!) bezüglich eines Erfolgs oder eines Mißerfolgs gesprochen werden.

Die obige Schlagzeile und der dazugehörige Journalismus suggeriert jedoch etwas anderes.

 

„Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache – auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazu gehört.“

Hanns Joachim Friedrichs

 

Nur weil der FC Bayern München oder auch irgendein anderer Verein der Fußball-Bundesliga nach 25 Spieltagen Tabellenführer ist, kann doch nicht davon ausgegangen werden, daß die Meisterschaft schon entschieden ist!

(Anm.: Eine Saison in der Fußball-Bundesliga hat 34 Spieltage.)

 

Eine Schlagzeile wie

Testprojekt bedingungsloses Grundeinkommen in Finnland – Es zeigen sich erste Teilerfolge

wäre differenzierter und um einiges angebrachter.

 

Finnland = Deutschland?

Etwas, was immer wieder gerne gemacht wird, ist das Pauschalisieren.

Das heißt, das das, was für die einen gilt und funktioniert, das gilt und funktioniert auch für andere.

 

Hier ist eine Tendenz der Gleichmacherei zu erkennen, die im Extremfall nicht nur im „Genderwahnsinn“ sondern unter anderem auch bei der Debatte um das bedingungslose Grundeinkommen wiederzufinden ist.

Beim Grundeinkommen ist diese Tendenz auf mehreren Ebenen zu erkennen.

An dieser Stelle bleiben wir jedoch bei der Gleichmacherei zwischen Finnland und Deutschland.

 

Sofern nun das bedingungslose Grundeinkommen in Finnland die Testphase überstanden hat, daraufhin alsbald tatsächlich in ganz Finnland eingeführt wird und sich dann nach einem Minimum von 2 oder 3 Jahren erste Erfolgstendenzen zeigen, dann könnte ein „Staatskonstrukt“ wie die BRD auf die Idee kommen dieses Sozialsystem ebenfalls einzuführen.

(Anm: In Schleswig-Holstein soll ein erster Versuch gestartet werden.)

Doch wie ich im vorigen Artikel schon angedeutet hatte, sollte vorher überprüft werden, ob auch die gleichen Voraussetzungen zur Installierung und Aufrechterhaltung eines solchen Sozialsystems vorliegen.

 

An dieser Stelle seien deshalb lediglich zwei veranschaulichende Beispiele genannt:

1. Finnland ist im Gegensatz zu Deutschland gegen eine „bedingungslose Einwanderung“.

(Vgl. u.a. Flüchtlinge in Finnland – Humanitäres Bleiberecht am Ende)

2. Finnland ist im Vergleich zu Deutschland demographisch gesünder aufgestellt.

 

Schon seit Jahren wird darüber gesprochen, daß die demographische Entwicklung unser gegenwärtiges Sozialsystem belastet.

Warum also sollte dieses Problem bei einem bedingungslosen Grundeinkommen aus der Welt sein?

 

Jetzt mag der eine oder andere einwenden, daß es wegen der demographisch ungünstigen Entwicklung doch gerade gut sei, wenn neue Menschen ins Land kämen.

Das Faß der Qualität jener Arbeitskräfte will ich hier gar nicht aufmachen.

Ich beobachte zwar, daß mit der unkontrollierten Zuwanderung sehr viele soziale Spannungen geschaffen werden und auch die Sozialsysteme als solches in sich zusammenbrechen.

Doch wenn neue Menschen ins Land gelassen werden, um ein Sozialsystem wie das unsere durch neue Arbeitskraft zu retten, dann ist es nicht nur eine Symptombehandlung für unser marodes Sozialsystem sondern hinter der „Flüchtlingsdebatte“ steckt auch eine Doppelmoral, die sich nicht nur in einem legitimierten Menschenhandel zum Vorteil der eigenen und zum Nachteil einer anderen Volkswirtschaft zeigt.

 

Aber zurück zum Vergleich zwischen Finnland und Deutschland.

Ein weiteres und nicht zu unterschätzendes Kriterium, welches bei Nachahmungsabsichten mit einbezogen werden sollte, ist das Verhältnis von Arbeitern und Arbeitslosen.

Doch wer hier vergleichen möchte, stößt bei genauerer Recherche auf das Problem, daß mindestens die deutschen offiziellen Statistiken in puncto Arbeitslosigkeit nicht immer der Wirklichkeit entsprechen.

(Vgl. u.a. Statistikmanipulation-Arbeitslosenzahlen werden frisiert)

 

Aber daß das, was in den sogenannten Mainstream-Medien berichtet wird, nicht immer der Wahrheit entspricht, ist mittlerweile nicht nur den größten GEZ-Verweigerern klar geworden…

 

Grundeinkommen in Finnland – wie geht es weiter?

Es gibt erste Artikel, die davon berichten, daß das finnische Projekt des bedingungslosen Grundeinkommens nicht weiter verfolgt wird.

(Vgl. u.a. Arbeitspflicht statt Grundeinkommen: Finnland macht die Kehrtwende)

 

Doch wenn zuvor die vorläufigen Testergebnisse in die Höhe gelobt wurden und den Menschen in ihrer Euphorie-Filterblase dann das BGE wieder genommen wird, dann ist davon auszugehen, daß jene Menschen noch mehr Kräfte mobilisieren werden, um das Grundeinkommen einzuführen – schließlich war aus ihrer Perspektive doch alles ein „Erfolg“!

Viele Grundeinkommensbefürworter werden also unbewußt über dieses Unverständnis für die getroffene Entscheidung manipuliert und glauben deshalb „aus freien Stücken“ noch mehr gesellschaftliche Überzeugungsarbeit für ein Grundeinkommen leisten zu müssen.

 

Trotz eines negativen Berichts wird also dennoch Marketing für ein Grundeinkommen gemacht…!

 

Schlußwort

Jeder Mensch sollte hin und wieder versuchen sich selbst aus einer anderen Perspektive zu betrachten.

Dies dient der Selbstreflexion.

 

Wer beispielsweise bei einer Idee wie dem Grundeinkommen euphorisch wird, der sollte sich fragen, warum und wie die eigene Euphorie zu Stande gekommen ist und wie dienlich diese Euphorie ist, wenn tendenziell gewisse Umstände und Gefahren ausgeblendet werden.

(Vgl. Was viele Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens in ihrer Euphorie übersehen)

Denn wenn man sich in seiner Euphorie hat blenden und täuschen lassen, dann folgt daraufhin logischerweise auch alsbald die Ent-täuschung.

 

Weitere Artikel und Gedanken rund um das bedingungslose Grundeinkommen findest Du hier.

 

Martin Matzat

Martin Matzat ist Philosoph, Referent, Autor sowie Erkenntnis- und Ideologieforscher. Der Dipl. Wirtschaftsingenieur, den die Lösung der sozialen Frage umtreibt, ist bis zur erkenntnistheoretischen Grundlage unserer Weltbilder vorgedrungen und sieht darin die Ursache gegenwärtiger und sich zukünftig wiederholender Ideologien.

Bisher veröffentlichte Bücher:
- Bewußtsein sucht Geld & Freiheit – Finanzielle Freiheit und Networkmarketing im gesellschaftlichen Kontext (2019)
- Die Matrjoschka-Matrix – Erkenntnis und Wahrheit (2020)


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  • Lieber Martin,
    da ich seit mehr als 20 Jahren in Finnland lebe, einige Kommentare zu der Situation hier bez. des erwähnten Versuchs, denn das wird- sehr zum Ärger vieler Einwohner, in der ausländischen Presse falsch dargestellt, da von der Regierung ganz bewusst einige Informationen vorenthalten werden.
    – Ausgewählt für dieses Projekt wurden nur Langzeitarbeitslose aus dünn besiedelten Gegenden, die so gut wie keine Chance auf einen adäquaten Arbeitsplatz haben. Die Höhe des GE, 560,- €, entspricht auf den Cent der Höhe der Arbeitslosenhilfe. Da in Fi vor allem Lebensmittel und Dinge des laufenden Bedarfs sehr viel teurer sind als in D, ausserdem ärztliche Behandlungen, Zahnarzt etc. teilweise bezahlt werden muss, kann kein Mensch auf Dauer von dieser Summer leben.
    – Die Pflichten von Arbeitslosen in Fi sind dieselben wie in D. (Jede Arbeit annehmen; auch extrem lange Wege in Kauf nehmen etc.)
    – Einen gravierenden Unterschied gibt es allerdings: Jede selbständige Tätigkeit ist verboten. Auch kleinste Summen für etwa erbrachte Dienstleistungen, etwa 40,- € im Monat, führen zum sofortigen Verlust der Ansprüche auf Arbeitslosengeld oder -hilfe. Ist dieser Anspruch perdu, kann er neu erworben werden nur durch wenigstens 6-monatige Vollzeitarbeit von 40 Wochenstunden als Angestellter.
    – Im Unterschied zur Arbeitslosenhilfe berechtigte das GE zu jeder Art von Tätigkeit.
    Aber nur wenige der Ausgewählten wagten es, tätig zu werden, da der Versuch auf ein Jahr begrenzt war. Einige sehr junge Menschen waren überzeugt, dass es ihnen in dem einen Jahr gelingen würde, ein Unternehmen so weit aufzubauen, dass sie nach Abschluss des Jahres davon würden leben können. Andere wagten es nicht aus Angst, zu geringe Einkünfte zu erzielen, damit aber ihre Ansprüche auf ALH nach dem Versuch zu verlieren.
    – Vor allem aber ist es ein Hohn, bei einer Summe, die nicht zum leben reicht, überhaupt von GE zu sprechen. Wohl erhalten die Betroffenen wie Arbeitslose zusätzlich Wohngeld, das macht aber nur etwa 50% der Miete aus.

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