09. März 2018

Was viele Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens in ihrer Euphorie übersehen

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Ich habe es schon häufig an mir selbst beobachten können.

Von außen wird eine Idee an mich herangetragen oder ich habe gar selbst eine und schon bald befinde ich mich in einer Art Euphorie, in welcher ich dazu geneigt bin alles andere auszublenden.

Ich habe mir Scheuklappen aufgesetzt und Filter auferlegt, wodurch ich mich ausschließlich auf die positiven Dinge fokussiere.

 

Doch wie könnte eine Idee nachhaltig umgesetzt werden, wenn man die negativen Aspekte ausblendet?

Was würde passieren, wenn die Risiken nicht beachtet werden und der Fall der Fälle tatsächlich einmal eintritt?

Wie wäre es dann um eine Idee geschehen, die sich nie mit den Risiken auseinandergesetzt hat und es deshalb in ihrem Konzept auch nie vorgedacht wurde, wie man sich von Tiefschlägen wieder erholen könnte?

 

Mittlerweile hinterfrage ich mich immer auch ein zweites Mal.

Dabei ist es egal ob es Dinge sind, die einen herunterziehen oder ob es Dinge sind, die einen auf Wolke 7 emporsteigen lassen.

Es ist also egal ob es sich dabei um sogenannte „Verschwörungstheorien“ handelt oder um Utopien, die in die Wirklichkeit umgesetzt werden wollen.

 

Was ist, wenn ich mich irre und ich mich auf dem Holzweg befinde?

Was ist, wenn ich an meiner Einstellung zum Leben nur deshalb festhalte, weil sich mein Ego nicht eingestehen möchte, daß es sich geirrt hat bzw. noch immer irrt?

Doch so wie ich mich schon diverse Male in einer Filterblase wiedergefunden habe, laufen natürlich auch die Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens Gefahr es mir gleich zu tun.

 

Worauf sich die Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens stützen

Gegenwärtig ist es eine klassische Vorstellung.

Es ist die Vorstellung, daß das Geldwesen vom Staat zu organisieren sei.

Ok, die Zentralbank ist als angebliche „neutrale Instanz“ noch mit dazwischen.

Aber letztlich fußen 98 Prozent der BGE-Konzepte darauf, daß das bedingungslose Grundeinkommen staatlich zu organisieren sei.

 

Es ist das „gesetzliche Zahlungsmittel“, welches über ein Grundeinkommen innerhalb der Gesellschaft verteilt werden soll.

Es ist der Glaube daran, daß das, was Staat macht, schon (irgendwie) Hand und Fuß habe.

Es stellt sich die Frage, ob dieser Glaube an das gegenwärtige Staatskonstrukt naiv ist!

 

Denn wenn das bedingungslose Grundeinkommen als Antwort auf soziale Verwerfungen unserer Gegenwart gelten soll, muß konsequenterweise auch näher beleuchtet werden, warum diese sozialen Verwerfungen überhaupt entstanden sind.

Sofern nämlich der Staat zu diesen sozialen Verwerfungen (in massiver Art und Weise) beigetragen hat, müssen die Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens für sich eine Entscheidung treffen:

A) Entweder sie setzen sich kritisch mit den vergangenen und gegenwärtigen Handlungen eines Staates auseinander, damit diese Fehler in Zukunft nicht noch einmal gemacht werden, weil ansonsten ein möglicher und positiver Effekt eines BGEs verpuffen könnte.

Oder B) Sie nehmen unkritisch die bisherigen Staatshandlungen hin und betrachten die sozialen Verwerfungen als gegeben ohne die dahinter liegenden Ursachen näher zu erforschen geschweige denn zu verstehen.

 

An dieser Stelle begeben sich die Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens allerdings in einen nicht zu unterschätzenden Konflikt:

Setzen sie sich kritisch mit den Handlungen des Staates auseinander, dann könnte es sein, daß sie dabei für sich erkennen, daß der Staat für Organisation und Verteilung eines Grundeinkommens ungeeignet ist.

Das würde dann wiederum allerdings bedeuten, daß das bisherige Konzept des BGEs womöglich so löchrig ist wie ein Schweizer Käse, so daß die Idee des Grundeinkommens in der neu gewonnenen Vorstellung wahrscheinlich sogar komplett begraben werden müßte.

 

Das Unterbewußtsein – und damit auch das eigene Ego – spürt diese Gefahr.

Und somit sind viele Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens auch dazu geneigt an ihrer BGE-Idee auf Gedeih und Verderb festzuhalten.

Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens dürfen also nicht wirklich staatskritisch denken.

 

„Wenn ein ehrlicher Mensch erkennt, daß er irrt, dann wird er sich entweder seines Irrtums oder seiner Ehrlichkeit entledigen.“

Unbekannt

 

Des weiteren stellt sich daraufhin natürlich auch die Frage, was das vom eigenen Ego und Unterbewußtsein auferlegte Denkverbot noch mit Freiheit zu tun hat…!?

Denn wenn das BGE den Menschen auf materieller Ebene mehr Freiheiten ermöglichen soll, wieso nimmt man sich die Freiheit dann in seinen eigenen Gedanken?

Das riecht nach Widerspruch!

 

Ein Denkverbot unserer Gegenwart, das über das BGE hinausgeht

Egal wo wir hinschauen.

Wer sich staatskritisch äußert, wird schnell als „Verschwörungstheoretiker“, „Reichsbürger“ oder „Nazi“ abgestempelt.

Hier prallen zwei Ängste aufeinander.

 

Die erste Angst ist die des Staatskritikers.

Denn sobald ihm das rechte Etikett aufgedrückt wurde, könnte es durchaus sein, daß ihm beispielsweise seine Arbeitsanstellung gekündigt wird oder daß Familie und Freunde von ihm Abstand nehmen, weil er etwas denkt oder gar sagt, was nicht gedacht oder gesagt werden darf.

Mit seinen Äußerungen schädigt er schließlich dem guten Ruf (-> Glaubenssatz des Egos) von jenen Menschen, die in irgendeiner (engeren) Beziehung mit ihm verbunden sind…

Und da nun auch das Ego des Staatskritikers gemocht werden will, muß er der sozialen Nötigung nachgeben und sich deshalb bei seinen Gedanken und Meinungsäußerungen in Zurückhaltung üben.

 

Die zweite Angst ist die des „Abstemplers“.

Denn dadurch, daß er den Staatskritiker in eine Schublade steckt, muß er sich selbst mit der vorgebrachten Staatskritik nicht weiter beschäftigen.

Dies ist ein Selbstschutz des Egos.

Denn wenn an der Staatskritik etwas dran ist, dann läuft das Ego Gefahr zu erkennen, daß es sich ein Leben lang getäuscht hat und somit einen Irrtum lebt – einfach deshalb, weil dem eigenen Denken und der eigenen Lebensweise falsche Grundannahmen vorgelegen haben müssen.

Da dieser Irrtum nun nicht erkannt werden will, müssen staatskritische Menschen im Sinne der eigenen Komfortzone ausgegrenzt oder gar mundtot gemacht werden.

 

In dieser Zerrissenheit finden sich – zumindest unbewußt – auch die Befürworter eines bedingungslosen Grundeinkommens wieder.

Sofern sie nämlich den staatskritischen Finger zu sehr in die Wunde legen, laufen sie Gefahr in die rechte Ecke gedrückt zu werden und mit ihnen auch die Idee des BGEs selbst.

Dies wiederum könnte dann durchaus zur Folge haben, daß sich die staatsunkritischen BGE-Freunde zu distanzieren versuchen, um die BGE-Idee wieder auf „die politisch korrekte Seite“ zu ziehen.

 

Man stelle sich in diesem Zusammenhang einfach mal folgendes vor:

Kann es das Ego einer Katja Kipping (Grundeinkommensbefürworterin sowie MdB, Die Linke) zulassen auf einmal mit der AfD in eine Schublade gesteckt zu werden?

Wie aufrichtig kann eine Katja Kipping Staatskritik betreiben, damit ein bedingungsloses Grundeinkommen als Ganzes Hand und Fuß hätte?

 

Der Kapitalismus als Ursache der sozialen Verwerfungen?

Es ist schon irgendwie amüsant zu beobachten, daß mit dem Kapitalismus ein Geldthema für die sozialen Verwerfungen verantwortlich gemacht wird, während man gleichfalls mit Geld jene sozialen Verwerfungen zu beheben versucht.

Doch wenn der Kapitalismus die Ursache allen Übels ist, dann müssen wir zunächst überhaupt einmal verstehen, was Kapitalismus ist.

Die Verständnisfrage ist allerdings nicht durch einen kurzen Blick in die Wikipedia-Definition getan.

Nein, sie geht noch tiefer.

 

Wir müssen uns fragen, WIE Kapitalismus überhaupt entsteht.

 

Und das ist eine ganz logische Frage, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß jeder Impuls als Ursache irgendwo irgendetwas bewirkt und diese Wirkung wiederum die Ursache für andere zu beobachtende Wirkungen ist.

Der Kapitalismus ist demnach – wenn wir ehrlich sind – also auch nur eine Wirkung einer davor liegenden Ursache!

 

Wer Kapitalismuskritik übt, verurteilt in erster Linie, daß die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden.

Es wird also verurteilt, daß gewisse Gesellschaftsschichten gegenüber anderen über gewisse Privilegien verfügen.

 

Doch wer kann einem diese Privilegien letztlich zugestehen oder gar erst ermöglichen?

Ist das nicht der Staat?

 

Wie entstehen beispielsweise Monopole?

Ist es nicht so, daß man über Patente und Lizenzen dafür sorgen kann, daß potentielle Konkurrenten zum Monopolinhaber niemals aufkommen können?

Wer sichert diese Patente zu und wer vergibt diese Lizenzen, die es kleinen Marktteilnehmern unmöglich machen auch nur wenigstens ein kleines Stück vom großen Kuchen abzubekommen?

Wird das Sichern und Entstehen von Monopolen unterbunden, wenn das bedingungslose Grundeinkommen eingeführt wird?

 

Abschlußfrage

Wie könnte ich ein nachhaltig stabiles BGE-Haus bauen, wenn ich keine Ahnung davon habe ob und wie ich das Fundament zu gestalten habe, weil ich mich in meiner Bequemlichkeit nie damit auseinandergesetzt habe, was ein Fundament überhaupt ist?

 

Weitere Artikel und Gedanken rund um das bedingungslose Grundeinkommen findest Du hier.

Martin Matzat

Martin Matzat ist Philosoph, Referent, Autor sowie Erkenntnis- und Ideologieforscher. Der Dipl. Wirtschaftsingenieur, den die Lösung der sozialen Frage umtreibt, ist bis zur erkenntnistheoretischen Grundlage unserer Weltbilder vorgedrungen und sieht darin die Ursache gegenwärtiger und sich zukünftig wiederholender Ideologien.

Bisher veröffentlichte Bücher:
- Bewußtsein sucht Geld & Freiheit – Finanzielle Freiheit und Networkmarketing im gesellschaftlichen Kontext (2019)
- Die Matrjoschka-Matrix – Erkenntnis und Wahrheit (2020)


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  • Hallo Martin,
    ich vermute, Du wurdest durch meinen letzten Beitrag zu einem anderen Post von Dir zum Thema „Grundeinkommen“ inspiriert?
    Jetzt mal die frage an Dich, ob DU Dir schon einmal Gedanken gemacht hast, wie ein bGE OHNE „Vater Staat“ verwirklicht werden könnte?(denn die IDEE ist tragfähig und auch „notwendig“, wie ich schon in dem anderen Artikel festgestellt hatte).
    Ich gebe Dir völlig Recht mit Deiner Festsellung eines „Dilemmas“ zwischen „Staatsgläubigen“ und „BGE-Befürwortern“ – insofern denke ich, dass ALLE Politiker in „Erklrungsschwierigkeiten“ geraten würden, SOFERN Sie damit nicht ein NEUES KONTROLLINSTRUMENT SCHAFFEN wollen (und ganz GENAU wissen, welch ein „state-blowing-potential“ in einem bGE steckt (oder zumindest der IDEE).
    Eine – bereits erfolgreich praktizierte – Möglichkeit eines „staatsfreien“ bGE bietet die Initiative „Mein Grundeinkommen“ (Non-profit-Organisation), wo ALLEINE durch den KONSUM der Teilnehmer/Unterstützer jährlich mehrere bGEs (für eine Person und ein Jahr – derzeit bis zu 6 pro Monat) verwirklicht werden.
    Dieses Beispiel zeigt ganz deutlich, das die Begriffe bGE und Staat nicht NOTWENDIG zusammengehören (so wie auch immer noch heute gelehrt wird: Marktwirtschaft und Demokratie gehören notwendig zusammen – wo das Beispiel China diese „Realität“ DEUTLICH umgewirbelt hat).
    Also: Zeit (für alle bGE Befürworter, die KEINE neue Fessel wollen), dies auch für ein bGE zu tun?

  • Hallo Martin,
    Bei allen Diskussionen über Geldkritische Ideen kommt mir zwischenzeitlich immer wieder das Zitat hoch – Probleme können nicht mit den Gedanken gelöst werden, durch die die Probleme entstanden sind. In meinen Worten, hoffentlich sinngetreu, ein Zitat von Albert Einstein ( wenn es stimmt ). Von daher spricht mich die Idee von dem Südafrikaner Michael Tellinger Contributionism auf deutsch Das UBUNTU Prinzip sehr an. Auf dieser Erde ist alles vorhanden, was wir Menschen brauchen. Verschenken wir es. Geben wir das für andere Notwendige ohne Geld weiter. Das ist für mich zur Zeit der bewegende Gedanke, an dem ich versuche mitzuwirken.

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