30. März 2018

4 tiefgründigere Argumente gegen bedingungsloses Grundeinkommen

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Die Motivation kann ich verstehen.

Ich kann verstehen, warum einige Menschen das bedingungslose Grundeinkommen in unserer Gesellschaft gerne sehen würden.

Ich kann auch verstehen, daß man dann von einer Idee wie dem Grundeinkommen nicht ohne weiteres loslassen möchte, wenn man das BGE zuvor lauthals als DIE LÖSUNG in aller Welt angepriesen hat.

Und ich kann ebenso verstehen, daß sich die Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens – wenn auch unbewußt – einem solchen möglichen inneren Konflikt nicht aussetzen wollen.

 

Neben vieler kleiner Argumente gegen das bedingungslose Grundeinkommen, gibt von meiner Seite aus allerdings 4 Punkte, denen ich an dieser Stelle ein besonderes Gewicht zukommen lassen möchte.

 

#1 Argument gegen bedingungsloses Grundeinkommen

98% der BGE-Konzepte sind staatsunkritisch!

Die nicht wirklich vorhandene Staatskritik in der Grundeinkommensbewegung habe ich in der Artikelserie über das bedingungslose Grundeinkommen schon mehrfach angedeutet oder gar angesprochen.

Da die Idee des Grundeinkommens soziale Probleme beheben und damit die Gesellschaft verändern möchte, muß jedes BGE-Modell im Sinne der Nachhaltigkeit darüber intensiv nachgedacht haben, wie die sozialen Verwerfungen unserer Zeit entstanden sind und wer oder was unsere Gesellschaft formt.

Sofern es die Grundeinkommensbewegung versäumt sich dabei mit der Rolle des Staates intensiver auseinander zu setzen und dem gegenwärtigen Staatskonstrukt aus naivem Selbstverständnis stattdessen sofort die Organisation und Verteilung eines Grundeinkommens überläßt, dann stellt sich die Frage wie nachhaltig ein jedes Grundeinkommens-Modell für unsere Gesellschaft wirklich ist.

 

#2 Argument gegen bedingungsloses Grundeinkommen

Staatsunkritische Grundeinkommenskonzepte betrachten den Menschen nicht als Ganzes!

Es liegt auf der Hand.

Wie kann jemand, der vollkommen staatsunkritisch ist, jemals das Für und Wider eines Staates auch nur ansatzweise erfassen?

Wie kann man die Gesellschaft verstehen, wenn schon der Staat als „Formgeber gesellschaftlicher Entwicklungen“ nicht erfasst wird?

Und wie kann man den Menschen wirklich verstehen, wenn man ihn nicht in Beziehung zur Gesellschaft setzen kann, weil schon das eigene Gesellschaftsbild durch die fehlende Staatskritik verzerrt ist?

 

Betrachtet beispielsweise die staatlich organisierte Schulbildung den Menschen als Ganzes oder liegt diesem Bildungs- und Erziehungskonzept ein ausschließlich materialistisches Weltbild zu Grunde?

(Vgl. u.a. Was ist Materie? und Wenn der Mensch ausschließlich sein physischer Körper ist)

Wenn die staatlich organisierte Schulbildung materialistisch geprägt ist, welche Denkweise erhalten dann sehr wahrscheinlich jene Menschen, die jenes „Bildungssystem“ durchlaufen haben?

Wenn uns demzufolge „materialistische Gedankengänge eingepflanzt“ wurden und wir gestalten uns in unserem von Materialismus geprägten Denken ein Grundeinkommen, welches auf Grund von materialistischen(?) Motiven verwirklicht werden soll, wohin wird unser aller Reise dann wohl gehen?

 

Je länger ich über diese Fragen nachdenke, desto schwerer fällt es mir zu glauben, daß sich die Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens deshalb für das BGE so stark machen, weil es ihnen um mehr Nächstenliebe und mehr Empathie innerhalb unserer Gesellschaft geht.

Es geht ihnen um etwas anderes…

 

#3 Argument gegen bedingungsloses Grundeinkommen

Die Doppelmoral am Beispiel der GEZ!

Sollte eines Tages das Grundeinkommen eingeführt werden, bekommt jeder Bürger im Land ein solches Grundeinkommen ausgezahlt.

So die Idee.

 

Parallel dazu muß natürlich auch irgendwie die Finanzierung eines solchen Grundeinkommens geregelt sein.

In den meisten BGE-Konzepten ist eine Finanzierung über Steuern vorgesehen.

An dieser Stelle werden einige Menschen also dazu „in die Pflicht genommen“ in diesen „solidarischen Topf“ einzuzahlen.

Daß nun nicht jeder Mensch in diesen Topf einzahlen möchte, weil er über solcherlei Steuerabgaben mehr abzugeben hätte als er unter Umständen wieder zurückbekäme, ist nachvollziehbar.

Wer sich dann ein wenig weiter umschaut, wird – wenn er über entsprechende Kapazitäten verfügt – schon Mittel und Wege finden, wie er das Grundeinkommen bekommt, die Besteuerung seiner Gelder jedoch ins steuerfreundlichere Ausland verlagert.

Schon jetzt zeigt sich über Blogs wie staatenlos.ch oder goodbyematrix.com, daß Steuerfreiheit nicht nur für die größten Kapitalisten ein realisierbares Thema ist, sondern nun auch für den zuvor in Unwissenheit gelassen Bürger immer präsenter wird.

 

Hier zeigt sich eine Tendenz, daß Menschen auf „Nötigung zur Solidarität“ zunehmend allergisch reagieren.

Und diese Tendenz zeigt sich auch bei der GEZ-Thematik, bei welcher die Verantwortlichen der Staatsmedien als auch die Befürworter der GEZ-Gebühr immer wieder gerne behaupten es sei asozial und unsoldiarisch die GEZ-Gebühr nicht zu bezahlen.

Schließlich bräuchte man im Land doch diesen qualitativ hochwertigen Journalismus…

*Hust, hust, räusper!*

 

Wenn wir bereit sind nun die Perspektive zu wechseln, dann ist die Rundfunkgebühr eine Grundeinkommensabgabe für jene Menschen, die bei ARD, ZDF & Co arbeiten oder auch gearbeitet haben. (-> Stichwort: GEZ-Pensionsbombe)

Dazu ein Beispiel:

Tom Buhrow als Intendant des WDR zahlt monatlich bestimmt auch seine 17,50 Euro – und wenn nicht, dann ist das ein erster Beleg dafür, daß sich für gewisse (einflußreiche?!) Menschen immer Sonderregelungen finden lassen, während andere Menschen die Zeche zu zahlen haben.

Doch Tom Buhrow erhält weit mehr als er monatlich in den Rundfunkbeitragstopf einzahlt.

(vgl. u.a. ARD legt Gehälter offen: bis 9.900 Euro pro Monat für Redakteure, Tom Buhrow mit 33.333 Euro Spitzenverdiener)

 

Andere Menschen wiederum zahlen – trotz der ganzen Werbeblöcke, die ebenfalls Geldfluß für die Staatsmedien bedeuten – die 17,50 Euro aus einem gewissen Selbstverständnis heraus, weil sie auch regelmäßig die Sendungen der Staatsmedien konsumieren.

Hier findet also ein gewisser Tausch statt.

Geld gegen Leistung.

 

Es gibt aber auch Menschen, die in den Staatsmedien keinen Mehrwert sehen und deshalb womöglich gar keinen Fernseher haben und auch kein Radio hören, weil ihnen die „Propaganda und Kriegstreiberei“ sprichwörtlich auf den Keks geht.

Diese Menschen haben gar nichts von der „GEZ-Grundeinkommensabgabe“.

Sie sollen Geld geben für etwas, was nach ihrem Empfinden sogar kontraproduktiv ist.

Über 5 Millionen Menschen verweigern mittlerweile die Abgabe des Rundfunkbeitrags – Tendenz weiter steigend.

(vgl. u.a. GEZ in Gefahr: Ein Trend, der dem Rundfunkbeitrag die Luft zu nehmen scheint)

 

Hier zeigt sich also eine Parallele zu den gerade erwähnten Steuervermeidungstendenzen.

 

Mich persönlich würde nun eine Statistik interessieren, in welcher zu erkennen ist

wie viele Menschen

A) das bedingungslose Grundeinkommen in unserer Gesellschaft sehen wollen und auch die GEZ-Gebühr gerne bezahlen,

B) das bedingungslose Grundeinkommen in unserer Gesellschaft sehen wollen, aber die GEZ-Gebühr nicht bezahlen (wollen),

C) das bedingungslose Grundeinkommen in unserer Gesellschaft nicht sehen wollen, aber die GEZ-Gebühr gerne bezahlen

und D) das bedingungslose Grundeinkommen in unserer Gesellschaft nicht sehen wollen und auch die GEZ-Gebühr nicht bezahlen (wollen).

 

An dieser Stelle kann sich jeder Leser ja mal selbst fragen, ob er sich bei A, B, C oder D einsortieren würde.

(Um eine erste Statistik zu erheben, könnte jeder Leser im Kommentarbereich dieses Artikels angeben zu welcher Gruppe er sich zählt. Ich glaube aber, daß diese Statistik nicht repräsentativ sein wird – gerade dann, wenn erst weitergelesen wird und sich einige Menschen „erwischt“ fühlen.)

 

Wer sich in A oder D wiederfindet, dem gratuliere ich zur Klarheit im eigenen Denken.

Entweder man ist – trotz aller Zwangszahlungsempfindungen anderer Menschen – für JEDES Modell von Grundeinkommen (A) oder man ist konsequent gegen jede Form von Grundeinkommen (D).

 

Wer sich zu jenen Menschen zählt, die sich in B oder C wiederfinden, sollte überprüfen, ob er in seinen Gedankengängen einen Knoten vorliegen hat, der ihn glauben läßt, daß man „ein bißchen schwanger“ sein kann.

Warum das eine Mal den in den Staatsmedien tätigen Menschen ein Grundeinkommen absprechen wollen, aber dann anderen Menschen ein ähnliches Modell – wenn auch in noch größerer Form – aufdrücken (B)?

Warum ist das kleine GEZ-Grundeinkommensmodell in Ordnung aber nicht auf die Gesellschaft im Großen übertragbar (C)?

 

#4 Argument gegen bedingungsloses Grundeinkommen

Das bedingungslose Grundeinkommen ist nicht mit der sozialen Dreigliederung von Rudolf Steiner vereinbar!

Sofern jemand behauptet das bedingungslose Grundeinkommen sei nicht mit der sozialen Dreigliederung vereinbar, ist es ein natürlicher Reflex des Grundeinkommensbefürworters eine Gegenthese aufzustellen und jene Behauptung zu entkräften.

(Womöglich wird diese Gegenthese aufgestellt ohne sich intensiver mit der sozialen Dreigliederung geschweige denn mit dem gesamten Werk Rudolf Steiners auseinandergesetzt zu haben.)

 

Schnell über die soziale Dreigliederung rübergeflogen sieht man, daß im Rechtsleben das Prinzip der Gleichheit, im Wirtschaftsleben das Prinzip der Brüderlichkeit und im Geistesleben das Prinzip der Freiheit gelebt werden sollte.

 

Da sich das bedingungslose Grundeinkommen als einen sozialen Akt in unserer Gesellschaft verstehen will, ist es naheliegend, daß dann sogleich die Querverbindung zum wirtschaftlichen Prinzip der Brüderlichkeit gesehen wird.

Diese Betrachtungsweise hat jedoch mehrere Haken:

 

Ein sehr großer Haken ist, daß sich das Staatswesen aus sämtlichen Prozessen innerhalb der Wirtschaft herauszuhalten hat – genauso wie der Staat sich nicht in die Bildung unserer Kinder einzumischen hat.

Die Wirtschaft hat sich selbst zu finden und muß in diesem ganzen Prozeß auch ausloten welche Tauschprozesse und welche Zahlungsmittel im Sinne der Brüderlichkeit zuträglich sind.

D.h., daß sehr wahrscheinlich mehrere verschiedene Gelder und Geldsysteme nebeneinander existieren.

(Gedanken und Versuche um Regionalgeld und Kryptogeld zeigen tendenziell, daß „die Schwarmintelligenz“ auf diesem Gebiet in gewisser Weise schon tätig ist.)

 

Mit einem staatlich organisierten Grundeinkommen, was in einem bestimmten Geld ausgezahlt wird, beeinflußt der Staat jedoch den wirtschaftlichen Selbstfindungsprozeß für ein Geldsystem im Sinne der Brüderlichkeit.

Es suggeriert nämlich welches Geld „besser“ ist als andere – das ist eine Beeinflussung, die wir zur Verdeutlichung auch gerne Manipulation nennen können.

(Anmerkung: Ein „gesetzliches Zahlungsmittel“ ist eine Manipulation für ein bestimmtes und gegen andere Geldsysteme!)

 

Wenn sich das bedingungslose Grundeinkommen wirklich als ein Akt der Brüderlichkeit versteht, dann muß das Grundeinkommen aus der Wirtschaft selbst kommen – nicht von einem Staat und nicht durch irgendwelche herbeigeführten politischen Entscheidungen!

 

Fazit

Das gegenwärtige Niveau der Grundeinkommensdebatte offenbart eine gewisse Schizophrenie.

 

Ein Beispiel an Hand von #4:

Die Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens wissen sehr wohl, daß viele soziale Verwerfungen unserer Zeit u.a. auch durch Korruption zustande kommen.

Unter Korruption versteht schon der Laie, daß sich die Wirtschaft in die Staatshandlungen einmischt – Stichworte: Lobbyismus und Bestechungen.

 

Doch warum wird die eine Korruption verurteilt, wenn der gegensätzliche Korruptionsweg, in welchem das Staatswesen die Wirtschaft beeinflußt, gutgeheißen wird?

Es scheint fast so als würde sich das unbewußte Fußvolk auf gewisse Art und Weise selbst sabotieren und deshalb irgendwie noch daran festhalten wollen, daß sogenannte Think Tanks und Lobbyistentreffen wie die Atlantik-Brücke zu unserer Gegenwart gehören.

 

Aber gut.

Weil in dieser Zeit auch der „Genderwahnsinn“ seinen Beitrag dazu leistet, daß viele Menschen die Orientierung verlieren und deshalb mittlerweile kaum noch wissen ob sie Mann oder Frau sind, ist es auch selbsterklärend daß sie anfangen zu glauben ein bißchen schwanger sein zu können.

 

 

Weitere Artikel und Gedanken rund um das bedingungslose Grundeinkommen findest Du hier.

 

Martin Matzat

Martin Matzat ist Philosoph, Referent, Autor sowie Erkenntnis- und Ideologieforscher. Der Dipl. Wirtschaftsingenieur, den die Lösung der sozialen Frage umtreibt, ist bis zur erkenntnistheoretischen Grundlage unserer Weltbilder vorgedrungen und sieht darin die Ursache gegenwärtiger und sich zukünftig wiederholender Ideologien.

Bisher veröffentlichte Bücher:
- Bewußtsein sucht Geld & Freiheit – Finanzielle Freiheit und Networkmarketing im gesellschaftlichen Kontext (2019)
- Die Matrjoschka-Matrix – Erkenntnis und Wahrheit (2020)


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  • Was ist das denn jetzt? Seit Jahren bin ich nun schon bei regelmäßigen Treffen der Grundeinkommensinitiative Leipzig dabei.
    Jede Menge Menschen, die eine Systemveränderung wünschen sind dabei. Und was sage ich dazu: Ein Grundeinkommen gibt uns die Möglichkeit das zu verändern, was wir verändern wollen. Wenn mein Leben abgesichert ist, habe ich die Chance was zu verändern. In unserer Ellenbogengesellschaft ist das viel schwieriger. Ich führe Arbeiten aus, die ich als nicht wichtig ansehe. Aber dafür bekomme ich das Geld um mich dann für Dinge zu engagieren die ich als wichtig ansehe. Ich möchte, dass alle Menschen davon ausgehen können, dass sie Leben dürfen. Zu anderen Punkten sage ich nur: der Staat sind normalerweise wir. Steuern bezahlen wir bereits heute – z.B. mit jedem Einkauf.
    Ich kann Deinen Argumenten also nicht folgen. Grundeinkommen ist Menschenrecht, weil Leben und gesellschaftliche Teilhabe für alle möglich ist (weltweit). Grundeinkommen mit komplementären Währungen mit Umlaufsicherung ist schon heute möglich. Grundeinkommen ohne Tauschmittel geht auch, aber da sind wir durch unser altes Denken noch weit entfernt.
    Deine langen Texte haben nicht dazu beigetragen, dass ich auch nur ein klein wenig Angst vor dem BGE bekommen habe.

  • Der Artikel nennt sich „4 Argumente gegen das Grundeinkommen“ jedoch ist im gesamten Text außer neoliberalistisches Geschwafel leider kein einziges Argument zu finden.
    Und was die GEZ mit dem BGE zu tun haben soll, bleibt auch fraglich.
    Der Autor sollte einfach selbst mal über den grundlegenden Unterschied nachdenken. Und sich dann schämen!

    • Hallo Matthias,
      mir ist klar, daß das BGE für viele ein sehr emotionales Thema ist. Deshalb kann ich auch Deine Reaktion verstehen.
      Du urteilst demzufolge emotional und bist gleichzeitig in einem Vorurteil gefangen.
      Sollte das BGE Deiner Meinung auf Wahrheit aufbauen?
      Falls Du die Wahrheit liebst, dann bemühst Du Dich um mehr Sachlichkeit.

      Liebe Grüße
      Martin

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