12. Dezember 2022

Geht bei der Dreigliederungsbewegung bereits das Licht aus?

5  Kommentare

„Das Wirtschaftsleben und das Geistesleben spielen im gesunden sozialen Organismus sich stets die Bälle hin und her. Sie spielen Doppelpaß. Oder Ihr könnt es von mir aus auch ‚einer für alle und alle für einen‘ nennen: 

Das Wirtschaftsleben sorgt dafür, daß u.a. die Menschen, die im Geistesleben tätig sind, materiell nicht verhungern und das Geistesleben sorgt dafür, daß der soziale Organismus geistig nicht verhungert.“

So oder so ähnlich formuliere ich in meinen 2- bis 3-stündigen Dreigliederungstagungen (engl.: workshop) an einer bestimmten Stelle die Beziehung zwischen Geistes- und Wirtschaftsleben.

Und mein Eindruck ist, daß die Teilnehmer diesen Zusammenhang allesamt nachvollziehen können:

Im Wirtschaftsleben geht es nicht darum, nach immer größeren Renditen, nach krebsartigem Wachstum oder vermeintlicher „finanzieller Freiheit“ zu streben.

Es geht darum, solcherlei finanzielle Überschüsse an das Kultur- und Geistesleben zu verschenken(!), weil die Menschen im Kultur- und Geistesleben im Optimalfall ihre geistig-kulturellen Tätigkeiten ebenfalls ohne Bedingung hergeben.

(vgl. u.a. auch Ehrenamtstätigkeiten)

Denn ein Geistesleben, welches beispielsweise an Patentrechten auf Erfindungen oder am modernen Hochpreiscoaching festhält, ist nicht frei sondern stellt Bedingungen und schließt somit einen bestimmten Kreis von Menschen aus.

Ein solches Kultur- und Geistesleben hätte also nicht die Absicht einem geistigen Abbau unserer Gesellschaft entgegenzuwirken.

Das sieht man beispielsweise auch sehr gut an gesellschaftlichen Symptomen wie Scholz, Harbeck, Baerbock, Lauterbach & Co:

Es sind nicht gerade die größten Leuchten unserer Gesellschaft, die – nach öffentlicher Darstellung – hierzulande die Richtung vorgeben.

Die Beobachtung

Platon sprach in seiner Politeia von einer stets voranschreitenden gesellschaftlichen Degenerierung sofern es einer Gesellschaft nicht gelänge, eine Art Philosophenherrschaft zu etablieren.

Daß nun der medial aufgebaute „Vorzeigephilosoph Richard David Precht“ als sogenannter Philosophenkönig für unsere Kultur nicht geeignet ist und die Gesellschaft eher in eine fragwürdige Richtung führt bzw. führen soll, hatte ich in mehreren Videos bereits ausführlich dargelegt.

Platon war jedenfalls der Auffassung, daß sich die Gesellschaft verstärkt dem Denken und dem Geistigen zuwenden müsse, falls sie sich nicht in einer Tyrannei wiederfinden wolle.

Doch was können wir gegenwärtig u.a. beobachten?

1. Wie bereits angedeutet:
Ein Richard David Precht wird von Medien, die finanziell mit Milliarden von Euros ausgestattet sind, als DAS Aushängeschild und DER Repräsentant gegenwärtiger geistiger Größen aus dem Land der Dichter und Denker angepriesen.

2. Hochkonjunktur hat kulturell gerade König Fußball.

Bei der Vermarktung dieses kulturellen Beitrags werden ebenfalls Milliarden von Euro Jahr für Jahr bewegt.

Ganz egal, ob es um die Fußball Bundesliga, um die Champions League oder um eine Weltmeisterschaft in Katar geht:

Der Fußballsport kann kulturell nicht der größte Erguß von freier und höherer Geistigkeit haben, wenn er sich für politische Agenden kaufen und mißbrauchen läßt. (Vgl. u.a. Diskussion um One-Love-Binde während der WM 2022)

Aber viele Menschen gehen trotzdem noch regelmäßig ins Stadion oder bezahlen weiterhin ihr Abo, um über die Flimmerkiste nahezu 24 Stunden am Tag Fußball konsumieren zu können …

3. Die geistigen Giganten unserer Kulturgeschichte (Goethe, Schiller & Co) werden nicht so verehrt oder vermarktet wie König Fußball oder ein Richard David Precht.

4. Die vermeintliche Aufklärungsszene beschäftigt sich mehr mit „dem System“ als der Verehrung/„Vermarktung“ wahrer(!) geistiger Größen unserer Kultur aus Vergangenheit und Gegenwart.

5. Wo „freies Geistesleben“ drauf steht, ist nicht immer auch ein „freies Geistesleben“ drin.

Die Erfahrung hatte ich u.a. 2019 gemacht, als ich einen Online-Dreigliederungskongreß veranstalten wollte.

Sichtbar macht eine solche Erfahrung für viele andere Menschen aktuell u.a. auch Axel Burkart.

Der Bund der freien(?) Waldorfschulen hat die Wortmarke Rudolf Steiner schützen lassen und untersagt es nun Axel Burkart und seiner Mannschaft die Holiversität weiterhin unter dem Namen Rudolf-Steiner-Holiversität führen zu dürfen – und das in Zeiten, in welchen die bekannteren anthroposophischen Institutionen (Anthroposophische Gesellschaft, Bund der freien Waldorfschulen, Demeter-Verband) sich im Sinne der großen verbreiteten und vermarkteten Narrative im Geiste gleichschalten lassen …

6. Während sich die anthroposophische Bewegung darüber uneins ist, wer denn nun wahre Anthroposophie praktiziert, wurden im November 2022 medial verstärkt kurz nacheinander Angriffe auf Rudolf Steiner, sein Werk und die an seinem Geiste sich orientierenden Menschen initiiert.

(Vgl. u.a. Rudolf Steiner und die Anthroposophie | Sternstunde Philosophie | SRF Kultur am 30.10.2022 ➞ Köder, Angriffsvorbereitung und/oder wichtiges Abfangvideo bei der YouTube-/ Google-Suche? | Wenn freie Entfaltung auf gefährliche Weltanschauung trifft: Waldorfschulen | ZDF Magazin Royale am 18.11.2022 | Esoterik an Waldorfschulen – Falscher Filz | Zeit online am 23.11.2022 | Anthroposophie – gut oder gefährlich? Wie ticken die Anhänger und Anhängerinnen der esoterischen Weltanschauung? | ZDFzoom am 23.11.2022)

Anmerkung: Wenn man sich als Gruppe streitet, hat der Gegner von außen leichtes Spiel die gesamte Gruppe auszuschalten/ zu besiegen.

Man steht dann nicht mehr Rücken an Rücken, um sich gegenseitig zu beschützen, sondern dreht dem Gegner von außen den offenen Rücken zu …

7. Während die geistige Armut in unserer Gesellschaft fortzuschreiten scheint, erleben immer mehr Menschen nun auch eine materielle Armut.

(Vgl. Diverse Preissteigerungen oder Unternehmensinsolvenzen)

Die Konsequenz für das Kultur- und Geistesleben

Wenn das Kultur- und Geistesleben sowie das Wirtschaftsleben sich einerseits durch o.g. Doppelpaß in einem gesunden sozialen Organismus gegenseitig stets befruchten, kann die Entwicklung in einem kranken sozialen Organismus auch in die entgegengesetzte Richtung gehen:

Auf geistige Armut folgt materielle Armut.

Und auf materielle Armut folgt noch mehr geistige Armut.

Usw. usf.

Weil innerhalb der Gesellschaft die Wertschätzung für im freien Geistesleben tätige Menschen einerseits nicht wirklich vorhanden zu sein scheint und gleichzeitig andererseits bei jenen Menschen, die Wertschätzung für ein freies Geistesleben entgegenbringen können, jedoch das Geld ausgeht, stehen die im freien Geistesleben tätigen Menschen vor einer Existenzfrage – und damit steht noch viel mehr auf dem Spiel!

Ich selbst beispielsweise würde gerne viel mehr in die Richtung von einem freien Geistesleben und einem gesunden sozialen Organismus wirken.

Ich kann es aber nicht, weil es mich finanziell nicht trägt.

(YouTube war für mich eine nette Erfahrung, ist aber – entgegen so mancher Anpreisung – nicht die Lösung.)

So oder so muß ich mir jedenfalls Gedanken machen.

Ich könnte daher auf die Idee kommen, meine sozialen Tätigkeiten für teures Geld zu verkaufen.

„Meine Arbeit ist ja schließlich sooo viel wert.“ – moderne Hochpreiscoaches, die letztlich dem Materialismus anhängen, denken beispielsweise so.

Oder aber ich muß meine Lebenszeit auch anderweitig einsetzen – vielleicht sogar für Tätigkeiten, in welchen ich keinen Sinn erkennen kann, die mir aber Geld bringen, obwohl sie mich als auch den sozialen Organismus krank machen?!?

?

Ich stelle mir vor, daß es sicherlich noch mehr Menschen gibt, die sich wie ich gerne für einen gesunden sozialen Organismus engagieren wollen, indem sie über Vorträge usw. für mehr Bewußtsein für einen gesunden dreigliedrigen sozialen Organismus sorgen.

Aber sie sind genauso unbekannt oder sogar noch unbekannter als ich.

Wer soll uns also fragen, wenn uns (fast) niemand kennt und auch kein grundsätzliches Interesse an dem besteht, was wir zu sagen haben?

Wie sollte unter solchen Voraussetzungen es uns als Dreigliederungsbewegung tatsächlich gelingen, das Zeitfenster, was sich womöglich im Frühling ’23 schon auftut, so zu nutzen, um gesamtgesellschaftlich den Weg zu einer bewußten Pflege des dreigliedrigen sozialen Organismus zu gehen?

Wie?

Symptomatisch dazu möchte ich auch die Situation erwähnt wissen, welche Sylvain Coiplet – einer der bekanntesten und am meisten wertgeschätzten Menschen innerhalb der Dreigliederungsbewegung – im letzten Rundbrief des Instituts für soziale Dreigliederung kundtat:

Weil die notwendigen Spenden ausbleiben, ist auch seine nicht hoch genug wertzuschätzende Arbeit in ihrer Fortführung gefährdet!

Und wenn man dann bedenkt, wie viel durch die Tätigkeiten von Sylvain Coiplet bereits direkt und indirekt entstanden ist …

Puuh … ich traue mich kaum weitere Gedanken in diese Richtung auszumalen. ?

(➡️ Wer Geld übrig hat, möge es ihm bitte zukommen lassen. Er leistet wirklich sehr gute Arbeit. ?)

Wie kann es weitergehen?

Gegenwärtig gibt es kaum bis gar keine öffentlichen Vorträge zur Dreigliederung.

Ich selbst werde derzeit beispielsweise nur für gruppeninterne Veranstaltungen eingeladen.

Für den Anfang ist das in Ordnung, weil ich eh das Empfinden habe, daß die meisten Menschen zunächst einmal nur „das Symptom“ weggemacht haben wollen und für eine konkrete Antwort auf die soziale Frage noch gar nicht empfänglich sind.

Ich wage zu behaupten, daß es bei den meisten anderen Dreigliederungsreferenten ähnlich sein wird.

Wir alle brauchen solcherlei Veranstaltungen allerdings auch, um Referenzen zu sammeln und uns für größere Auftritte zu qualifizieren.

Denn die größeren Auftritte und die Bereitschaft der Veranstalter einen Termin groß anzukündigen, bekommt man in der Regel erst dann, wenn man schon einen gewissen Namen hat und mehr oder minder auf Grund des Namens schon ein gewisses Publikum mitbringt.

Ich kenne keinen Veranstalter, der zur Vermarktung einer Veranstaltung größere Geldsummen in die Hand nimmt, wenn der Referent kaum bis gar nicht bekannt ist.

Einen solchen Idealismus habe ich bei Veranstaltern noch nicht erlebt.

Ein Daniele Ganser mag beispielsweise ein gewisses Honorar für seine Auftritte verlangen.

Aber sein Name füllt auch die Halle und damit die Kasse des Veranstalters fast von ganz allein …

Als Referenten müssen wir also weiter fleißig unsere Erfahrungen sammeln und ein Gespür für das Publikum und unsere Darbietungen entwickeln:

Was hat funktioniert, was hat nicht funktioniert?

Was sollte womöglich nur leicht verbessert, was komplett geändert werden?

Dem Widder in mir geht das aber alles nicht schnell genug.

Ich überlege, mir meine Veranstaltungen selbst zu organisieren, obwohl ich genau weiß, daß solcherlei Selbstvermarktung nicht wirklich mein Ding ist.

Ich möchte mich auf andere Dinge konzentrieren können.

(Laut Human Design bin ich beispielsweise ein Generator.)

Auch frage ich mich wie sehr ich die Eigeninitiative meiner Mitmenschen schon gleich im Keim ersticke, wenn ich alles selbst in die Hand nehme:

„Joa, ich brauche mich ja auch nicht darum kümmern irgendwelche weiteren Veranstaltungen zu organisieren. Martin macht das ja schon irgendwie selbst.“

Ich möchte wetten, daß ich nicht der einzige Dreigliederungsreferent bin, der mehr oder minder solcherlei Fragen (für sich allein) bewegt.

Das führt mich dann allerdings zu der Frage, wie die Dreigliederungsreferenten schneller und leichter kleinere oder größere Organisationstalente finden, die wiederum allein oder mit Hilfe ihres Netzwerks Menschen für Dreigliederungsveranstaltungen zusammentrommeln?

?

Die Logistik im Hintergrund können nicht jene Menschen übernehmen, die bereits „an der Front“ stehen.

Denn dann kann die Front nicht gehalten werden.

Beim Fußball müssen auf mehreren Ebenen die logistischen Abläufe ebenfalls funktionieren.

Der Stürmer muß beispielsweise mit Pässen und Flanken gefüttert werden, damit er Tore schießen kann.

Was ich damit sagen möchte:

Das hier ist ein Spiel, bei welchem wir auf mehreren Ebenen lernen sollten zusammenzuspielen.

Es kann nicht alles an einzelnen Referenten hängen bleiben.

Und deshalb an Dich, lieber Leser, die ganz konkrete Frage:

Was brauchst Du, um bei Dir vor Ort eine Dreigliederungsveranstaltung zu organisieren?

Schreib es gerne in die Kommentare, damit wir uns alle ein Bild davon machen können.

?

P.S.: Du kannst mich natürlich auch fragen, na klar …

Fragen kost‘ ja bekanntlich nix. ?

Aber Du mußt nicht unbedingt mich haben, um bei Dir vor Ort eine Dreigliederungsveranstaltung zu organisieren.

Schau Dich um und informiere Dich, welche möglichen und kompetenten Dreigliederungsreferenten in Deiner Nähe sind und ggf. auch Folgeveranstaltungen zu leisten im Stande sind.

Martin Matzat

Martin Matzat ist Philosoph, Referent, Autor sowie Erkenntnis- und Ideologieforscher. Der Dipl. Wirtschaftsingenieur, den die Lösung der sozialen Frage umtreibt, ist bis zur erkenntnistheoretischen Grundlage unserer Weltbilder vorgedrungen und sieht darin die Ursache gegenwärtiger und sich zukünftig wiederholender Ideologien.

Bisher veröffentlichte Bücher:
- Bewußtsein sucht Geld & Freiheit – Finanzielle Freiheit und Networkmarketing im gesellschaftlichen Kontext (2019)
- Die Matrjoschka-Matrix – Erkenntnis und Wahrheit (2020)


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  • Gibt es noch immer keinen Podcast zur Sozialen Dreigliederung? Dort könnten alle Referenten und andere sozial wirkende Menschen zu dem Thema reden und es vermutlich reichweitenstärker in die Gesellschaft tragen als in Vorträgen vor wenigen Menschen.

      • Ich hab Sie über den Podcast „Freiheit-Gleichheit-Brüderlichkeit“ auf Spotify gefunden.
        Warum haben Sie aufgehört?
        Ich finde die Inhalte sehr interessant.
        Ich bin grad bei Axel Burkart (bzw. Gottfried Ribitsch) im Studiengang „Soziale Dreigliederung“ und sauge noch alles auf, was Menschen zu dem Thema bisher gemacht haben.

      • Hallo liebe Anna,

        Danke der Nachfrage. ?

        Für mich hat online keine Zukunft.
        – Aufwand und Resonanz stehen bei mir in keinem gesunden Verhältnis.
        – Online entstehen keine wirklich nachhaltigen und gesunden Beziehungen – deshalb bin ich nun vor Ort tätig.
        – Wenn ich die Entwicklung von KI verfolge, dann wird es in nur wenigen Jahren kaum noch Inhalte im Internet geben, von denen man sicher weiß, daß diese vom Menschen kommen …
        – Auch ohne KI ist die Online-Welt Teil einer Matrjoschka-Matrix.

        Das vielleicht als grobe Begründung. ?

        Liebe Grüße
        Martin

  • Ich bin heute über Freunde aus dem Norden auf folgendes Projekt aufmerksam geworden. Falls noch nicht bekannt, sicher nicht die schlechteste Art, sich zu dem hier erörterten Thema in der einen od anderen Form einzubringen, zumind. aber sich zu vernetzen:
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