13. März 2023

Wenn der Materialist die Anthroposophie zu verstehen versucht – eine Reaktion auf „ARD Wissen: Frank Seibert in der Waldorfschule | Recherche-Dreiteiler zur Anthroposophie“

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Was hat Gartenbau mit Waldorfschule und der Lehre Steiners zu tun?

„Die Anthroposophie ist ganz stark … da geht es ums Erleben. Denn, wenn wir eine Pflanze betrachten, dann können wir sie rausreißen, können sie in kleine Stücke schneiden, können kleine Stücke machen, können die unters Mikroskop legen und schauen – aber dann fehlt da was. Dann fehlt einfach der ganze Umkreis.
Also es gibt ja auch Pflanzenkundenepochen bei uns und Rudolf Steiner hat gesagt, man soll für die Pflanzenkundenepoche keine Pflanze rausreißen und mit ins Klassenzimmer bringen. Wenn, dann soll man mit den Kindern rausgehen und die Pflanze im Umkreis erleben.“

Diese Szene, in welcher der Gartenbaulehrer Patrick Manthey auf Frank Seiberts Frage antwortet, dürfte exemplarisch nicht nur die Qualität des ersten ARD-Beitrags über Anthroposophie am besten charakterisieren.
(ab Minute 20:03, siehe ARD-Mediathek oder YouTube)

Frank Seibert entgegnet daraufhin, ob man nicht einfach erklären könne, warum eine Pflanze überhaupt wächst und damit den (natur-)wissenschaftlichen Hintergrund näher beleuchtet, woraufhin Patrick Manthey bekundet, daß die Inhalte über die Fotosyntheseprozesse im Anschluß an den Gartenbau ebenfalls erfolgen.

Dieses geradezu symptomatische Bild sollte der Zuschauer einmal auf sich wirken lassen:

Der eine versucht mit den Kindern eine Beziehung zur Pflanzenwelt herzustellen, indem er die Pflanze in ihrem „sozialen Umfeld“ kennenzulernen versucht, ehe man sich einer theoretischen Auseinandersetzung widmet.
Es geht um ein Ganzes.

Der andere versucht mit seiner Nachfrage eine materialistisch geprägte und daher abstrakte Beziehung zur Pflanzenwelt (und zum eigenen Dasein) zu beschützen – Theorie ohne Praxis und Lebenswirklichkeit könnte hier das Motto sein.

Von der abstrakten Beziehung zu den Folgen eines Bestätigungsfehlers

Daß sich Frank Seibert für den ARD-Beitrag auf den Weg gemacht hat, um eine Waldorfschule im Alltag kennenzulernen, mag ein erster Schritt gewesen sein, um überhaupt mit der Waldorfpädagogik und Anthroposophie in Beziehung zu treten.
Das sollte anerkannt werden.
(Gleiches macht er auch in den beiden Folgeteilen, wenn es in der ARD um biodynamische Landwirtschaft und anthroposophische Medizin geht.)

Wenn eine solche Begegnung allerdings von Vorurteilen begleitet wird, die der Materialist verständlicherweise gegenüber der Anthroposophie haben kann, dann läuft der Materialist Gefahr, sich in einem Bestätigungsfehler (engl.: confirmation bias) zu verlieren …

Ein Vorurteil erzeugt eine abstrakte Beziehung zu jenem Phänomen, über welches man letztlich zu urteilen versucht.

Frank Seibert versucht also ein Urteil über ein Phänomen zu fällen, welches durch eine Beziehung zu Stande gekommen ist, die auf Grund ihrer Abstraktheit eigentlich gar keine wirkliche Beziehung ist.
Und dies wiederum könnte zu Irrtümern führen, die um jeden Preis vor dem Erkanntwerden beschützt werden müssen.

Dabei hilft der oben genannte Bestätigungsfehler:

Die eigene kognitive Dissonanz kann verschleiert werden – zumindest solange die eigenen Lücken und Widersprüche im Erklären des Lebenswirklichkeit nicht erkannt werden.
Denn sobald der Materialist ehrlich mit seinen Erklärungsdefiziten umgeht, könnten in ihm die größeren Lebensfragen aufsteigen …

Doch zunächst einmal geht es darum, die eigene Weltanschauung zu beschützen.
Und darin lauert die Gefahr, daß aus einem Irrtum sehr schnell auch eine Lüge werden kann – aus Lebensirrtum wird Lebenslüge.

Wenn ein ehrlicher Mensch erkennt, daß er irrt,
dann wird er sich entweder seines Irrtums oder seiner Ehrlichkeit entledigen.“
(Unbekannt)

Prof. Dr. Heiner Ullrich und die „Pluralität des wissenschaftlichen Diskurses“

Auf der Suche nach einer wissenschaftlichen Einordnung sucht Frank Seibert in Mainz Prof. Dr. Heiner Ullrich auf, der in dem ARD-Bericht als renommierter Kenner der Waldorfpädagogik angepriesen wird.
(ab Minute 13:44)

Zur Betitelung des „renommierten Kenners“ vorab eine Anmerkung:

In meinen Recherchen zu den bisherigen Publikationen von Prof. Dr. Heiner Ullrich habe ich auf den ersten Blick sehr viele Kritiken an der Waldorfpädagogik gefunden.
Quantitativ hat er viele Kritiken an der Waldorfpädagogik verfaßt, ja.
Das macht ihn zunächst einmal lediglich zu einem Kritiker, aber noch lange nicht zu einem Kenner.

Aus einem Kritiker wird nur dann ein Kenner, falls seine Kritiken eine vorurteilsfreie Beziehung zur Wirklichkeit dokumentieren.
Dann hätte der Kritiker das wahre Gesamtbild auch qualitativ erfaßt und man könnte ihn auch tatsächlich als Kenner bezeichnen.

Ein Kenner der Anthroposophie und Waldorfpädagogik kann Prof. Dr. Heiner Ullrich allerdings definitiv nicht sein.
So viel schon einmal vorab.

Ebenfalls sei schon einmal erwähnt, daß dann, wenn wir uns überdies auch noch ein Urteil über das vermeintliche Renommee von Prof. Dr. Heiner Ullrich bilden wollen, wir uns auch immer vor Augen halten sollten, von WEM er diese Anerkennung WARUM erfährt …

Hier lauert auf Grund falscher Begriffe nämlich durchaus die Gefahr, jemandem nebst akademischen Titeln über den Titel des „renommierten Kenners“ eine (noch größere) Fassadenautorität zu verleihen, damit unbewußte Menschen seinen Worten mehr Gewicht beimessen.
Unbewußte Menschen können auf diese Art und Weise im Geiste konform gemacht werden …

Im ARD-Beitrag bezeichnet Prof. Dr. Heiner Ullrich sich selbst nicht nur als Erziehungs- sondern auch Sozialwissenschaftler.
Aus dieser Position heraus, versucht er nun also Urteile über die Waldorfpädagogik im Besonderen und die Anthroposophie im Allgemeinen zu fällen.

Dabei muß er allerdings auch davon ausgehen, daß er selbst keinem Irrtum – keinem Bestätigungsfehler – aufsitzt, um seine Kompetenz in Erziehungs- und Sozialwissenschaften rechtfertigen zu können.

Wenn ich auf Vertreter der universitätsgebildeten Sozialwissenschaften treffe, die es sich erlauben, soziale Bewegungen zu kritisieren, so liegen mir immer folgende Fragen auf der Zunge:

„Wenn Du weißt, wovon Du redest, warum kritisierst Du ein einzelnes Sozialphänomen/ ein einzelnes Gesellschaftssymptom, anstatt die Grundursache aller sozialen Konflikte zu suchen oder gar zu thematisieren?
Warum beispielsweise wird die Armutsschere immer größer?
Welche Weltanschauung steckt dahinter?
Wo kommt diese Weltanschauung her und wo wird sie weiterhin gepflegt?
Hat es dann nicht seine Berechtigung, daß sich Menschen für andere Weltanschauungen öffnen?“

Das Grundproblem ist, daß ein vermeintlicher Sozialwissenschaftler keine wirklich qualifizierten Aussagen über die soziale Wirklichkeit treffen kann, wenn er sich seines eigenen Weltbildes nicht bewußt ist.
Um nämlich die soziale Wirklichkeit tatsächlich als das zu erkennen, was sie wirklich ist, muß er sich zuvor Kompetenzen in einer anderen Wissenschaft aneignen:

Es ist die Wissenschaft von der Erkenntnis.
Es geht um die Erkenntniswissenschaft.

Denn wie will ich die (soziale) Wirklichkeit erkennen und darüber wahre Urteile fällen können, wenn ich gar nicht weiß WAS Erkennen ist noch WIE Erkennen funktioniert?

Es geht hierbei um die Frage nach einer WAHREN Erkenntnistheorie.
Darüber sollte als allererstes – wie es Prof. Dr. Heiner Ullrich auch als Anforderung für die Waldorfpädagogik ab Minute 40:53 formuliert – eine gewisse Pluralität des wissenschaftlichen Diskurses gepflegt werden:

Nämlich, daß wir das erkenntnistheoretische Fundament des gegenwärtig (noch) dominierenden Weltbildes in unserer Gesellschaft zu hinterfragen bereit sind!

Und das gegenwärtig (noch) dominierende Weltbild in unserer Gesellschaft ist welches?
Richtig, das materialistische Weltbild!

Nach meinen bisherigen Recherchen hat sich Prof. Dr. Heiner Ullrich spannenderweise nicht zu den Corona-Monaten geäußert.
Beispielsweise darüber, welche möglichen Traumatisierungen die Kinder in jener Zeit über sich haben ergehen lassen müssen oder wo in jener Zeit bei allen Diffamierungen und Stigmatisierungen anders denkender Menschen und Wissenschaftler tatsächlich die Pluralität des wissenschaftlichen Diskurses gepflegt wurde.

Wo ist und war da der „Wissenschaftler“ Prof. Dr. Heiner Ullrich?

Es zeugt von einer Doppelmoral und letztlich auch einer tieferliegenden Widersprüchlichkeit, falls eine Pluralität des wissenschaftlichen Diskurses nur von Waldorfpädagogen eingefordert wird, während für die Staatsautorität samt ihr höriger „Wissenschaftler“ andere Maßstäbe gelten.

Der wissenschaftliche Diskurs beginnt jedenfalls bei der Erkenntniswissenschaft und führt dann weiter zu jenen Wissenschaften, für welche sich Prof. Dr. Heiner Ullrich als Experte in Szene setzen läßt.

Sofern Prof. Dr. Heiner Ullrich die Forderung nach Pluralität im wissenschaftlichen Diskurs tatsächlich ernst nehmen möchte, können wir ansonsten auch einmal geschichtlich zurückgucken und fragen, wie und wann Johann Wolfgang von Goethe in den Genuß dieser Pluralität kam.

Denn obwohl viele seiner Zeitgenossen ihre wissenschaftlichen Errungenschaften mit Goethes Arbeiten abgeglichen hatten, ist Goethes Art und Weise des Erkenntnisgewinns in unserer Kultur noch nie ausführlicher thematisiert worden.

Wir müssen uns das einmal vor Augen halten:

Wir reduzieren einen unserer größten Dichter und Denker lediglich auf seine Dichtkunst, so daß unsere Beziehung zu ihm und den anderen geistigen Giganten unserer Kultur zugleich abstrakt wird.

Dadurch entfernen wir uns immer weiter nicht nur von unserer eigenen Kultur sondern zugleich auch von der Wirklichkeit, während zugleich Rudolf Steiner jener Mensch war, der mit seinem Werk unser aller Beziehung zum deutschen Idealismus wiederbelebt hat.

Man könnte sich daher fragen, was in unserer Gesellschaft wohl gerade praktiziert wird, wenn man Rudolf Steiner lediglich moralisch-ethisch ohne eine fundierte sachlich-logische Argumentation zu kritisieren versucht …?!

?

Dazu paßt auch Prof. Dr. Heiner Ullrichs These, daß Waldorflehrer ohne Universitätsabschluß gefährdet seien, womöglich dogmatisch die Steiner-Inhalte zu rezipieren.
Dabei muß gleichfalls allerdings die Frage gestellt werden, wie er davon ausgehen kann, daß sein eigener Bildungsweg, der sein gegenwärtiges Denken geprägt hat, kein dogmatischer war (und noch weiterhin ist) …!?

Deshalb noch einmal:

Falls der von Prof. Dr. Heiner Ullrich beschrittene Bildungsweg keinem Dogma unterliegt, warum ist die soziale Frage von ihm und Fachkollegen noch nicht beantwortet worden?

Weil er es nicht kann?
Weil sein eigener Bildungsweg keine aufrichtige Beziehung zur Wirklichkeit gepflegt hat?
Was sagen seine akademischen Titel über seine Kompetenzen wirklich aus und welches Bildungssystem hat ihm diese Titel letztlich verliehen?
Ob er bereit wäre, sich einen Lebensirrtum einzugestehen …? ?

Manchmal kann der Weg für einen selbst und die Gesellschaft auch ein steiniger sein, falls der sozial gepflegte Bestätigungsfehler auf Grund einer gewissen Bildungskonformität nicht erkannt werden soll … ?‍♂️

Das Ideal der Wahrheit

Wenn im Diskurs um die Daseinsberechtigung von Waldorfpädagogik und Anthroposophie nur emotional-moralische Meinungen ausgetauscht werden, die in ihrer sachlich-logischen Argumentation nicht am Grundlagenwerk Rudolf Seiners ansetzen, so müßten wir letztlich auch auf den Gedanken kommen, daß es uns bei Weltanschauungsfragen nicht um das Ideal der Wahrheit ginge.

Wir würden es uns mehr oder minder in der Glaubenssatzpsychose der vermeintlichen „persönlichen Wahrheiten“ gemütlich machen können, so daß sich demzufolge letztlich jeder von uns irgendwo irgendwie in einer Ideologie bewegt.

Das ließe sich auch noch weiter denken:

Gesellschaftlich bewegten wir für uns alle paar Jahre die Frage, welche Ideologie für uns die sympathischste wäre.
Das ließe sich vielleicht sogar mit einer demokratischen Abstimmung garnieren.

Es sollte keine Überraschung sein, daß dies ein Grundmuster ist, welches wir gesellschaftlich bereits pflegen.
Wir wählen zwar nicht zwischen dem, was wir heutzutage oberflächlich unter dem Sektenbegriff verstehen, sehr wohl aber hat sich der politische Diskurs bereits dahin verlaufen, daß zwischen Parteien gewählt wird – wobei die „AfD-Sekte“ (Sekte von lateinisch secta ‚Partei‘, ‚Lehre‘, ‚Schulrichtung‘) als die politisch unkorrekteste im Lande gilt.

?

Wir können festhalten, daß es vielen Menschen noch nicht darum geht, wie wir aus dieser Matrjoschka-Matrix herauskommen könnten oder – um auch auf Platons Politeia Bezug zu nehmen – wie wir der gegenwärtigen geistig-gesellschaftlichen Degenerierung der Menschheit etwas mehr Liebe zur Weisheit entgegenbringen könnten.

Nö, das machen wir nicht …

Wir zerfleischen uns lieber gegenseitig im Namen der (bildungs-)politischen Korrektheit, weil wir gewisse gesellschaftliche Widersprüche nicht erkennen (wollen).

Doch hier zeigt sich dann bereits ein gelebter Widerspruch:

Denn wenn uns absolut nichts am Ideal der Wahrheit liegt, warum können wir dann unsere Mitmenschen nicht mit ihrer Weltanschauung glücklich sein lassen – auch wenn diese Weltanschauung vielleicht ein absoluter Irrweg ist!?

An dieser Stelle müssen wir deshalb festhalten, daß uns die Pluralität von Weltanschauungen irgendwie auch keinen Seelenfrieden zu geben scheint.

Sch$%&! Zwickmühle, oder?

André Sebastiani – ein sachlich-logischer Kritiker ohne Doppelmoral?

Ein weiterer vermeintlicher Waldorfpädagogik-Experte, der von Frank Seibert im ARD-Beitrag präsentiert wird, ist André Sebastiani.
(ab Minute 19:10)

Er wirft die These auf, daß Rudolf Steiners Grundannahmen bzgl. der Kindeserziehung wissenschaftlich nicht gedeckt seien.

Dazu noch einmal die Frage in doppelter Ausführung:

Auf welcher erkenntnistheoretischen Grundlage baut das, was André Sebastiani Wissenschaft nennt, denn auf?
Auf welchem erkenntnistheoretischen Fundament baut André Sebastianis Weltbild auf?

Sebastiani versucht sich sehr wohl mit seiner Kritik auf den Weg gen Wirklichkeit zu begeben, indem er behauptet, daß Rudolf Steiners Erziehungswissenschaft nicht in der Wirklichkeit fußen würde.

Doch mit einem typischen materialistischen Bestätigungsfehler im Gepäck gelingt ihm diese sachlich-logische Kritik am Ende nicht, weil es lediglich Behauptungen sind, wenn die erkenntnistheoretische Grundlage abermals nicht thematisiert wird.

Denn wie war das noch mal mit dem Erkennen der Wirklichkeit …?
Welche Wissenschaft sollte an aller Anfang stehen?

Ein Widerspruch André Sebastianis zeigt sich auch, wenn er an der Waldorfpädagogik bemängelt, daß in den ersten 14 Jahren keine Kulturkritik gepflegt wird.

Schauen wir dazu noch einmal auf die vergangenen Corona-Monate:

Wie war da André Sebastianis Position?
Hat er den Kult der „Zeugen Coronas“ hinterfragt oder hat er den Kult des Abstandhaltens, des braven Masketragens und Fleißtestens wie ein höriges Sektenmitglied beschützt?
Wie sehr hat er sich dafür eingesetzt, daß Kinder, Jugendliche und Erwachsene eine solche Weltanschauung kritisieren dürfen?

Ich überlasse es dem Leser, hier weiter zu recherchieren.

Es sei allerdings darauf hingewiesen, daß sich bei André Sebastiani wie bei Prof. Dr. Heiner Ullrich womöglich ebenfalls das Phänomen der Doppelmoral zeigt:

Von anderen (trotz Unkenntnis über das Fundament des eigenen Weltbildes) den Willen zum Diskurs einfordern, aber dann, wenn die politische Autorität ein Narrativ tyrannisch durchzusetzen versucht und kein Interesse an einem aufrichtigen (wissenschaftlichen) Diskurs hat, brav den Hofknicks üben und mitmachen …

Eine kritische Ex-Waldorfschülerin kommt ebenfalls zu Wort

Lea, eine ehemalige Waldorfschülerin, kommt ab Minute 31:38 ebenfalls zu Wort und liefert dabei ein weiteres lebendiges Beispiel von kognitiver Dissonanz.

In ihrem Redebeitrag empört sie sich darüber, daß sie – übersetzt – in ihrem Leben nicht von Anfang an die gleiche Tiefenindoktrination erhalten hat, wie jene Menschen, die den herkömmlichen Bildungsweg beschritten haben.
(vgl. u.a. Prof Rainer Mausfeld: Machteliten, Think Tanks und Tiefenindoktrination, ab Minute 37:40)

„[…] Ausbildungssysteme sind nicht entwickelt worden, um echtes Wissen zu vermitteln, sondern um das Volk dem Willen der Herrschenden gefügig zu machen. Ohne ein raffiniertes Täuschungssystem in den Schulen wäre es unmöglich, den Schein der Demokratie zu wahren.
[…] es ist nicht erwünscht, daß der normale Bürger selbstständig denkt, weil man der Auffassung ist, daß Leute, die selbstständig denken, schwer handzuhaben sind.
Nur die Eliten sollen denken, der Rest soll gehorchen oder den Führern folgen wie eine Hammelherde.
Diese Doktrin hat, auch in Demokratien, alle staatlichen Erziehungssysteme von Grund auf verdorben.
(Bertrand Russell)

Fazit

Ich werde das Gefühl nicht los, daß es am Ende in dem ARD-Beitrag darum geht, die eigene postulierte Weltanschauung höher zu halten, indem eine andere Weltanschauung durch wissenschaftlich unqualifizierte Urteile abgewertet werden soll.

Wenn ich die jüngsten Veröffentlichungen der größeren Medien zur Anthroposophie auf mich wirken lasse, dann sehe darin eine größere Medienkampagne, bei welcher der Anthroposophie-Begriff für unbewußte Menschen zu einem Kampfbegriff werden soll.
Ein Anthroposoph wird sich bei jenen Menschen dann automatisch bei den bereits stigmatisierten Verschwörungstheoretikern, Querdenkern usw. mit anstellen können.

An sich ist dieses Vorgehen verständlich:
Hier soll das materialistische Weltbild verteidigt werden.

Für den unbewußten Materialisten wird es bald jedenfalls keine Rolle mehr spielen, ob sich Anthroposophen von sogenannten Verschwörungstheorien usw. abzugrenzen versuchen.
Der Materialist wird den Anthroposophen eher dazu nötigen, sich von Rudolf Steiner zu distanzieren …

Aber zurück zum ARD-Beitrag.

In diesem Beitrag zeigen Frank Seibert & Co lieber mit dem Finger auf andere, anstatt darüber nachzusinnen, warum dabei drei Finger auf einen selbst zeigen könnten.
Wahrscheinlich gibt es an der eigenen Weltanschauung bei der Dauerpräsenz der gegenwärtigen sozialen Konflikte auch nichts mehr hochzuhalten, so daß man sich zur Produktion solcher Medienbeiträge bemüht.
(Ich will hier nicht davon sprechen, daß dieser Beitrag an sich gar keine Qualität habe, weil die Qualität im Auge des Betrachters liegt: Unbewußte Menschen könnten dieser Propaganda nämlich auf dem Leim gehen und damit wäre zumindest ein erstes Etappenziel für Macher und Protagonisten solcher Beiträge erreicht.)

Um Mißverständnissen vorzubeugen, möchte ich an dieser Stelle auch nochmals betonen, daß akademische Titel keineswegs eine Garantie dafür sind, aus wissenschaftlich unqualifizierten Urteilen wissenschaftlich qualifizierte(re) Urteile werden zu lassen.
Am Ende ist es nämlich nicht der einst errungene Titel sondern der gegenwärtig hinter diesem Titel sich mitunter versteckende Mensch, der über gewisse Sachverhalte urteilt.

Frank Seibert & Co erliegen dem hochmütigen Irrtum, daß sie auf dem richtigen Weg seien – trotz aller gesellschaftlicher Verwerfungen, die ihre vom Materialismus geprägte Bildung gegenwärtig zu Tage fördert.

?

Es ist so wie der Gartenbaulehrer Patrick Manthey im übertragenen Sinne gesagt hatte:

Du kannst das, über was Du urteilen möchtest, nicht aus dem Gesamtkontext herauslösen, um darüber ein finales Urteil fällen zu können.
Dann befindest Du Dich nämlich schon in einer Wirklichkeitsabstraktion.

Und diese Wirklichkeitsabstraktion wird auch im weiteren Verlaufe des ARD-Dreiteilers über Anthroposophie nicht abgelegt.

Die Schattenwandbeobachter aus Platons Höhlengleichnis lassen dabei herzlich grüßen …

Martin Matzat

Martin Matzat ist Philosoph, Referent, Autor sowie Erkenntnis- und Ideologieforscher. Der Dipl. Wirtschaftsingenieur, den die Lösung der sozialen Frage umtreibt, ist bis zur erkenntnistheoretischen Grundlage unserer Weltbilder vorgedrungen und sieht darin die Ursache gegenwärtiger und sich zukünftig wiederholender Ideologien.

Bisher veröffentlichte Bücher:
- Bewußtsein sucht Geld & Freiheit – Finanzielle Freiheit und Networkmarketing im gesellschaftlichen Kontext (2019)
- Die Matrjoschka-Matrix – Erkenntnis und Wahrheit (2020)


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